Die White Spotting-Variante W8 ist eine sog. „de novo-Mutation“ ausgehend von der Islandpferdestute Þokkadís vom Rosenhof 2. D.h. sie ist erst im entsprechenden, diese Stute hervorbringendem Genom mutiert und somit entstanden. Bis zu diesem Zeitpunkt war sie auf der Welt nicht existent, dementsprechend können auch nur Nachfahren dieser Stute diese konkrete Variante tragen! Es handelt sich um ein Scheckgen/ Muster des sog. KIT-Lokus, der Familie der White Spotting-Gene zugehörig, welches inkomplett dominant vererbt wird. Der KIT-Lokus ist ein relativ instabiler und daher sehr mutierfreudiger Lokus und brachte und bringt ständig diverse neue Mutationen verschiedener Familien hervor, deren Phänotyp von weißen Abzeichen/ Stichelhaaren bis hin zu großflächigen (stichelhaarigen) Scheckungen/ Mustern reicht und je nach Variante (oder in Kombination) auch komplett weiße Pferde (sog. Maximum-White-Phänotypen/ früher auch u.a. als „Weißgeborene“ bezeichnet) hervorbringen kann.
Bei Pferden setzt sich jede Farbe aus einer der drei Grundfarben (Rappe, Brauner, Fuchs) zusammen + auf diese Grundfarbe wirkende Gene, die wir in die Gruppe der Verdünnungen (Windfarbe (Silver), Creme (Cream) usw.) und die Scheckungen/ Muster (Tobiano, Splashed White usw.) einteilen. Weitere sich auf die jeweilige Farbe auswirkende Gene sind z.B. die Pigmenterkrankung Schimmel (Grey) u.w.
Die White Spotting-Variante W8 ist ein Scheckgen/ Muster. Hierbei darf nicht verwechselt werden, dass die Begrifflichkeit „Schecke“ in Pferden als „Weiß abseits der Grundfarbe“ (das Fehlen des Pigments) definiert wird und daher nicht zwangsläufig mit dem althergebrachten phänotypischen Schecken (z.B. dem typisch ausgeprägten Tobianoschecken) gleichgesetzt ist! D.h. auch weiße Stichelhaare oder weiße Abzeichen u.ä., die aus einem vorliegenden Scheckgen/ Muster resultieren, sind phänotypische Ausprägungen des jeweiligen Scheckgens/ Musters! Aufgrund der Diskrepanz zwischen Verwendung/ Verständnis und Definition des Begriffs „Schecke“ (engl. „pinto“) wird daher im deutschen wie im englischsprachigen Raum vermehrt dazu übergegangen die ebenso korrekte alternative Begrifflichkeit „Muster“ (engl. „pattern“) zu verwenden.
Innerhalb der Gruppe der Scheckungen/ Muster gibt es verschiedene Familien an Genen. Das W8Gen gehört zur Familie der sog. White Spotting-Gene (zu denen auch das Gen Sabino 1 gehört). Oft werden diese White Spotting-Gene fälschlicherweise „Sabino“ genannt. Dies begründet sich auf ihre Geschichte. Die erste gefundene, testbare und lange Zeit einzige uns bekannte Mutation dieser Familie war Sabino 1, die Nomenklatur sollte als „Sabino 2-X“ von dieser Entdeckung ausgehend auch
für die folgenden Gene fortgeführt werden. Jedoch wich man davon ab und wählte für die nächste gefundene Mutation die Begrifflichkeit „Dominant White 1“ und führte diese mit „Dominant White 2-X“ fort. Später überarbeitete man die Benennung abermals und alle bisherigen „Dominant White 1-X“ wurden in „White Spotting 1-X“ umbenannt, jene Nomenklatur, die bis heute angewendet wird. Jedes neu entdeckte Gen dieser Familie bekommt dementsprechend die fortlaufende White SpottingNummerierung.
Der Begrifflichkeit „Sabino“ obliegt somit wie dem Begriff „Schecke“ eine ganz ähnliche Diskrepanz zwischen Verwendung/ Verständnis und korrekter Definition. Denn ein Pferd ist einzig Sabino, wenn es positiv auf Sabino1 testet! Alle anderen Gene dieser Familie fallen unter die aktuelle Begrifflichkeit „White Spotting“. Auch die Verwendung „sabinoähnlich“ wird daher sehr kritisch gesehen, da diese ebenso als korrekte, konkrete und aktuelle Nomenklatur „White Spotting-Schecke/ Muster/ Phänotyp“ möglich ist (und dadurch auch der weiteren Fehlprägung auf die fälschlicherweise verwendete SabinoBenennung zuvorzukommen ist).
Das White Spotting-Gen W8 zeigt sich phänotypisch ganz im Sinne seiner Familie: von allgemeiner Stichelhaarigkeit (die meist mit dem Alter noch zunimmt), über weiße Abzeichen mit unregelmäßigen „fransigen“ und stichelhaarigen Rändern, bis hin zu großflächigen (stichelhaarigen) Scheckungen/ Mustern, die sich über den gesamten Körper ziehen. Wie auch bei anderen KIT-Mutationen weisen rotbasierte Pferde hierbei tendenziell einen stärker ausgeprägten Phänotyp auf als rapp- oder braunbasierte. Diesem Phänomen liegt zugrunde, dass dominant Extension (genotypisch bei jedem rapp-/ braunbasiertem Pferd vorliegend) suppressive Eigenschaften ggü. KIT-Mutationen zu haben scheint.
Kombinationen verschiedener Scheckgene/ Muster können sich gegenseitig in der Ausprägung verstärken. Gerade die Kombination von White Spotting-Varianten + Tobiano, aber auch Splashed White u.a. bringen oft Maximum-White-Phänotypen hervor, die umgangssprachlich „ein einziger gigantischer weißer Scheckfleck“ sind und früher auch oft u.a. als „Weißgeborene“ bezeichnet wurden.
Alle White Spotting Varianten (und Sabino 1) sind Mutationen des KIT-Lokus auf dem Chromosom 3 und zeichnen sich durch einen inkomplett dominanten Erbgang aus, d.h. es gibt eine unterschiedliche phänotypische Ausprägung zwischen heterozygoten (mischerbigen) und homozygoten (reinerbigen) Pferden für das jeweilige W-Gen (einzige Ausnahme bildet hier die W20-Variante, die lediglich als Verstärker für andere Gene fungiert). Von den aktuell knapp 30 bekannten White Spotting-Varianten geht allerdings nur ein Bruchteil mit der Lebensfähigkeit für das jeweiligen W-Gen reinerbiger Pferde einher. Entgegen dem Overo Lethal White Syndrome (OLWS), auftretend bei für das Frame OveroGen reinerbigen Pferden, welche kurz nach Geburt aufgrund nicht abgeschlossener Entwicklung versterben, werden für die jeweiligen W-Gene reinerbige Embryonen unmittelbar resorbiert. Es besteht dementsprechend kein tierschutzrelevanter Aspekt. Auch die meisten Kombinationen verschiedener W-Gene untereinander sind aufgrund mangelnder Existenz nicht (abschließend) erforscht, auch hier werden die gleichen Annahmen bzgl. einer Letalität in Kombination vermutet/ diskutiert.
Ob und wie sich die White Spotting Variante W8 reinerbig oder in Kombination mit anderen W-Genen verhält bleibt aktuell noch offen, da entsprechende Inzucht/ Kombination auf W8 bisher nicht existent ist.
Aufgrund der unmittelbaren Nähe des KIT-Lokus zum MCR1-Lokus, der sich ebenfalls auf dem Chromosom 3 befindet und der Genort für Extension ist, kommt es wie bei allen KIT-Mutationen (und
als Inversion Tobiano) hier zu einer Kopplung an das jeweilige „danebenliegende“ Extension. D.h. in 97% aller Fälle wird die jeweilige KIT-Mutation zusammen mit dem jeweiligen Extension vererbt.
Pferde die mehr als eine KIT-Mutation/ Inversion tragen (z.B. W8 + Tobiano, W8 + Farbwechsler (Roan) usw.) können nur entweder das eine oder das andere vererben, niemals beides zusammen!
Nennenswerte gesundheitliche Einschränkungen sind bei White Spotting-Varianten bisher nicht bekannt und auch Maximum-White-Phänotypen (auch „Weißgeborene“) sind ohne Einschränkungen und Beeinträchtigungen komplett lebensfähig.
Wir danken Karis Mikaels, die sich mit viel Fachwissen die Mühe gemacht hat, das Thema zu einem wissenschaftlich fundiertem und verständlichen Text zusammen zu fassen!
Quellen:
• Haase, B., Brooks, SA., Schlumbaum, A., Azor, PJ., Bailey, E., Alaeddine, F., Mevissen, M., Burger, D., Poncet, PA., Rieder, S., Leeb, T.: Allelic heterogeneity at the equine KIT locus in dominant white (W) horses. PLoS Genet 3:e195, 2007
• Haase, B., Brooks, SA., Tozaki, T., Burger, D., Poncet, PA., Rieder, S., Hasegawa, T., Penedo, C., Leeb, T.: Seven novel KIT mutations in horses with white coat colour phenotypes. Anim Genet 40:623-629, 2009
• Haase, B., Obexer-Ruff, G., Dolf, G., Rieder, S., Burger, D., Poncet, PA., Gerber, V., Howard, J., Leeb, T.: Haematological parameters are normal in dominant white Franches–Montagnes horses carrying a KIT mutation. The Vet J 184:315-317, 2010
• Haase, B., Rieder, S., Tozaki, T., Hasegawa, T., Penedo, MC., Jude, R., Leeb, T.: Five novel KIT mutations in horses with white coat colour phenotypes. Anim Genet 42:337-339, 2011
• Hauswirth, R., Jude, R., Haase, B., Bellone, R.R., Archer, S., Holl, H., Brooks, S.A., Tozaki, T., Penedo, M.C., Rieder, S., Leeb, T.: Novel variants in the KIT and PAX3 genes in horses with white-spotted coat colour phenotypes. Anim Genet 44:763-5, 2013
• Haase, B., Jagannathan, V., Rieder, S., Leeb, T.: A novel KIT variant in an Icelandic horse with white‐spotted coat colour. Anim Genet 46:466-466
• Dürig, N., Jud, R., Holl, H., Brooks, SA., Lafayette, C., Jagannathan, V., Leeb, T.: Whole genome sequencing reveals a novel deletion variant in the KIT gene in horses with white spotted coat colour phenotypes. Anim Genet 48:483-485, 2017
• Hug, P., Jude, R., Jagannathan, V., Leeb, T.: A Novel KIT Deletion Variant in a German Riding Pony With WhiteSpotting Coat Colour Phenotype. Anim Genet 50: 761-763, 2019
Mit der W8 Ursprungsstute Pokkadís - bei uns genannt "Schneewittchen" - züchten wir bereits seit 2013. Ihre ersten Nachkommen sind nun unter dem Sattel und erfreuen uns mit viel Naturtölt und einem angenehmen Temperament!
Seit 2022 geht unsere W8 Zucht in die dritte Generation: Der Schneewittchen-Son Pegasus hat unsere Zucht um viel Farbe und in Kombination mit verschiedenen herausragenden Stuten mit FIZO-Elite Bewertung sehr bereichert. Nun geht das Zepter an seinen Sohn Fannar vom Recherbusch (*2020) über. Unser Ziel ist es dieses besondere optische Merkmal von Anfang an auf hohem Niveau in Charakter und Gang zu züchten.
V: Glymur frá Kvistum (FIZO 7.97)
M: Pokkadís vom Rosenhof 2 ( W8 Ursprungs-Stute)
Pegausus wurde 2020 mit 8.05 Punkten gekört und in das HB I eingetragen.
Er ist im Winter 2022 verkauft und kastriert worden.
V: Pegasus vom Recherbusch (Körung 8.05)
M: Freisting von Kastali (FIZO 8.14)
Siegerfohlen der Fohlenschau auf dem Recherbusch!
Fohlen FEIF Beurteilung:
Exterieur: 8,1 - Interieur: 8,3 - Gang: 8,2 - Gesamt: 8,19
Richtspruch: "Gut entwickeltes hochaufgerichtetes langbeiniges ausdrucksstarkes Fünfgang-Hengstfohlen mit sehr guten feinen Reaktionen, zeigte sehr guten Tölt mit viel Fluss und insgesamt sehr guter Gangverteilung und mit guter Bewegung."
Fannar steht nach seiner Körung Mitte April 2023 Fremstuten zu Verfügung - alle Infos finden sich unter "Hengste".
V: Farsaell von der Elschenau
M: Pokkadís vom Rosenhof 2 ( W8 Ursprungs-Stute)
Bei Thokka war der Gentest schon fast überflüssig - sie zeigt seit der Geburt eine bizarre Musterung über den ganzen Körper mit zwei blauen Augen. Die Musterfarbe ist inzwischen ein tiefes Grau.
Thokka erwartet 2023 ihr erstes Fohlen!
Pokka vom Recherbusch *2019 - M:Pokkadis vom Rosenhof
Indy vom Recherbusch *2014 - M:Pokkadis vom Rosenhof - Foto: J.Terlinde
Pegasus vom Recherbusch
Skór vom Recherbusch *2013 - M:Pokkadis vom Rosenhof
Thokka vom Recherbusch (*2019)
Fannar vom Recherbusch (*2020)
V: Pegasus vom Recherbusch (Körung 8.05)
M: Diva vom Phönixhof
MV: Djákni vom Kronshof
Isabell mit W8 White Spotting Pattern
Fohlen FEIF Beurteilung:
Exterieur: 8,0 - Interieur: 8,1 - Gang: 8,2 - Gesamt: 8,12
Richtspruch: "Hochaufgerichtetes leichtfüßiges reaktionsschnelles 5-Ganghengstfohlen. Zeigte eine gleichmäßige sehr gute Gangverteiung bei ansprechender Bewegungsmechanik."
V: Pegasus vom Recherbusch (Körung 8.05)
M: Gilla fra Skibsdam (FIZO 8.21)
MV: Hnokki frá Fellskoti
Fohlen FEIF Beurteilung:
Exterieur: 7,9 - Interieur: 8,1 - Gang: 8,0 - Gesamt: 7,99
Richtspruch: "Harmonisch gebautes 5-Gangfohlen mit feinen schnelles Reaktionen. Zeigte schwerpunktmäßig ganz viel lockeren Naturtölt mit hohem Tempo bei gut mittleren Bewegungen."